Seminar Architekturtheorie
Architektur und Utopie
Prof. Dr. Matthias Schirren

 

   

 

Doppelseite aus der Erstausgabe der „Utopia“  von Thomas Morus (Libellus vere aureus nec minus salutaris quam festivus de optimo reip statu, deq noua Insula Vtopia. Löwen 1516, f. 1 ro et 2 vo. The New York Public Library)

Bruno Taut, Monument der neuen Gesetze, aus:  Bruno Taut, 1880-1938, Architekt zwischen Tradition und Avantgarde, Winfried Nerdinger, Kristiana Hartmann, Matthias Schirren u. Manfred Speidel (Hrsg.), Stuttgart 2001, S. 90

 

 

Pflichtfach/Wahlpflichtfach Hauptstudium Architektur/Raum- und Umweltplanung/Bautechnik
Di. 9.30 - 11.00, Raum 1/160 Beginn 30.10.2007

Kann es so etwas wie utopische Architektur überhaupt geben? Ist nicht das Phantastische, an keinen bestimmten Ort Gebundene konträr zu allem Architektonischen?

Das Kunstwort Utopie setzt sich zusammen aus der griechischen Verneinungsform ou (für nicht oder kein) und dem latinisierten griechischen Wort topos (für Ort, Gegend). Wörtlich übersetzt hieße Utopie also „Nichtort“. Gemeint hat man damit seit den Zeiten des Staatstheoretikers Thomas Morus (England, 16. Jahrhundert) einen Ort, nicht von dieser, sondern in einer anderen, einer besseren Welt.

Im Seminar wollen wir den phantastischen Gegenwelten utopischen Denkens nachgehen und sie auf ihre Brauchbarkeit für das Hier und Jetzt des Architektonischen befragen. Grundlage unserer Erkundung ist ein Reader mit Quellentexten zur Utopie, wie sie sich seit dem 16. Jahrhundert als Staatsutopie entwickelt hat, sowie ihren alttestamentarischen und antiken Vorformen bis hin zu ihrer modernen Abart im Roman des 20. Jahrhunderts.

Der Beitrag der Studenten im Seminar wird die Analyse einzelner Bauten, Pläne und Bilder architektonischer Utopien sein, vom Himmlischen Jerusalem, wie es in der Bibel beschrieben wird, über den Traum des Scipio, wie ihn der römische Redner Cicero in seine Schrift über den Staat einfügte, die Idealstädte der Renaissance, die Planungen der utopischen Sozialisten des 19. Jahrhunderts bis hin zur phantastischen Architektur des deutschen Expressionismus im 20. Jahrhundert und last but not least den heutigen Werbe-Strategien der sogenannten Helikopterarchitekten, die das Ortlose ständiger Beschleunigung im Wort von der Globalisierung aufzuheben versucht.

Voraussetzung für die Teilnahme am Seminar ist die Bereitschaft zur Übernahme eines schriftlich auszuarbeitenden Referates.

Di. 30.10

Einführung, Vorstellung des Readers

Di. 06.11.

Lesefrüchte / Referatverteilung

Di. 13.11.

Schreibwerkstatt

Di. 20.11.

Klosterarchitektur

 

 

 

 

Vom St. Galler Klosterplan zum Escorial
Wolfgang Braunfels, Abendländische Klosterbaukunst. Köln 1969

Konrad Hecht, Der St. Galler Klosterplan. Wiesbaden 1997

Werner Jacobsen, Der Klosterplan von St. Gallen und die karolingische Architektur. Entwicklung und Wandel von Form und Bedeutung im fränkischen Kirchenbau zwischen 751 und 840. Berlin 1992

Hans Rudolf Sennhauser, St. Gallen – Klosterplan und Gozbertbau. Zur Rekonstruktion des Gozbertbaues und zur Symbolik des Klosterplanes. Zürich 2001

Mary Cable, Escorial. Wiesbaden 1976

Juan Antonio Gaya Nuño, El Escorial. Madrid 1947

George Kubler, Building the Escorial. Princeton, NJ 1982

   

Di. 27.11.

Idealstädte der Renaissance

 

 

 

 

Pienza, Sabbioneta, Palma Nova
„Klar undlLichtvoll wie eine Regel“. Planstädte der Neuzeit vom 16. bis zum 18. Jahrhundert , Karlsruhe 1990

Hanno-Walter Kruft, Städte in Utopia.Die Idealstadt vom 15. bis 18. Jahrhundert zwischen Staatsutopie und Wirklichkeit , München 1989

Helen Rosenau, The ideal city Its architectural evolution in Europe (formerly: The ideal city , its architectural evolution), London - New York 1983

Jan Pieper, Pienza. Der Entwurf einer humanistischen Weltsicht, Stuttgart – London 1997

Andreas Tönnesmann, Pienza. Städtebau und Humanismus, München 1990 (Schriften der Biblioteca Hertziana)

   

Di. 04.12.

Revolutionsarchitektur

 

Claude Nicholas Ledoux und Etienne Louis Boullée
Revolutionsarchitektur. Boullée, Ledoux, Lequeu , Baden-Baden 1971;

Revolutions- Architektur. Ein Aspekt der europäischen Architektur um 1800 , hrsg. von Winfried Nerdinger, Klaus Jan Philipp und Hans-Peter Schwarz. München 1990
   

Sa .8. – Di. 12. 12.

Berlin-Exkursion

 

 

 

 

August Endells Hackesche Höfe (1906)

Bruno Tauts Gartenvorstadt Falkenberg bei Grünau (1908 bis 1911)

Bruno Tauts Großssiedlung Britz (1924 bis 1926)

Hans Poelzigs Haus des Rundfunks (1929 bis 1931)

Hans Scharouns Philharmonie (1957 bis 1963)

   

Di. 18.12.

William Morris und die Arts and Crafts-Bewegung

 

William Morris, Kunde von Nirgendwo. Eine Utopie der vollendeten kommunistischen Gesellschaft und Kultur aus dem Jahre 1890. Mit einem Vorwort von Wilhelm Liebknecht. Neu hrsg. von Gert Selle. 2. Aufl. Reutlingen 1981

Jan Marsh, William Morris & Red House, London 2005.

Marcus Waithe, William Morris's Utopia of strangers. Victorian medievalism and the ideal of hospitality , Woodbridge 2006 (English association studies).

Andrea Schlieker, Theoretische Grundlagen der „Arts and Crafts“-Bewegung – Untersuchungen zu den Schriften von A. W. N. Pugin, J. Ruskin, W. Morris, C. Dresser, W. R. Lethaby und C. R. Ashbee. Diss. Bonn 1986

   

Di. 25.12.

Weihnachten
   

Di. 01.01.

Neujahr

   

Di. 08.01.

Charles Fourier und die utopischen Sozialisten

 

 

 

 

Gerd de Bruyn, Die Diktatur der Philanthropen. Entwicklung der Stadtplanung aus dem utopischen Denken, Braunschweig 1996. (Bauwelt Fundamente; 110);
Julius Posener, „Vorlesungen zur Geschichte der Neuen Architektur IV“, in: ARCH+ (1982), H. 63/64, S. 6 - 88;

Franziska Bollerey, Architekturkonzeptionen der utopischen Sozialisten. Alternative Planung und Architektur für den gesellschaftlichen Prozess [Ueberarbeiteter Nachdruck der Erstausg. 1974 ], Berlin 1991;

Mechthild Schumpp, Stadtbau-Utopien und Gesellschaft. Der Bedeutungswandel utopischer Stadtmodelle unter sozialem Aspekt, Gütersloh 1972 (Bauwelt Fundamente; 32)

   

Di. 15.01.

Ebenezer Howard und die englische Gartenstadtbewegung

 

 

 

 

Ebenezer Howard, Gartenstädte von morgen. Das Buch und seine Geschichte, hg. v. Julius Posener. Berlin u.a. 1968 (engl. EA 1898) (Bauwelt Fundamente; 21); Thomas Nitschke, Die Gartenstadt Hellerau als pädagogische Provinz, Dresden 2003; Robert Beevers , The garden city utopia. A critical biography of Ebenezer Howard, New York, N.Y. 1988; Julius Posener, „Vorlesungen zur Geschichte der Neuen Architektur IV“, in: ARCH+ (1982), H. 63/64, S. 6 - 88

Kristiana Hartmann, Deutsche Gartenstadtbewegung. Kulturpolitik und Gesellschaftsreform, München 1976

   

Di. 22.01.

Italienischer Futurismus und deutscher Expressionismus

 

 

 

 

Antonio Sant'Elia. Gezeichnete Architektur , hg. v. Vittorio Magnago Lampugnani, München 1992
Die Gläserne Kette: Briefe von Bruno Taut und Hermann Finsterlin, Hans und Wassili Luckhardt, Wenzel August Hablik und Hans Scharoun, Otto Gröne, Hans Hansen, Paul Goesch und Alfred Brust . Hg. von Iain Boyd Whyte und Romana Schneider, Ostfildern-Ruit bei Stuttgart 1996

Bau einer Neuen Welt. Architektonische Visionen des Expressionismus , hg. von Rainer Stamm und anderen, Köln 2003
   

Di. 29.01.

Idealstädte der Moderne

 

 

 

 

Tony Garnier, Le Corbusier, Oscar Niemeyer, Ludwig Hilberseimer

Tony Garnier, Die ideale Industriestadt. Eine städtebauliche Studie. Tübingen 1989

Dora Wiebenson, Tony Garnier. The cité industrielle . London 1969

Le Corbusier, Städtebau. Übersetzt und hrsg. von Hans Hildebrandt. Stuttgart, Berlin 1929; Nachdruck Stuttgart 1979

Le Corbusier, Vom Sinn und Unsinn der Städte. Gedanken zur Städteplanung. Zürich u. a. 1974

Le Corbusier, Feststellungen zu Architektur und Städtebau. 1929. Mit einem amerikanischen Prolog und einem brasilianischen Zusatz, gefolgt von „Pariser Klima“ und „Moskauer Atmosphäre“. Berlin (West), Frankfurt a. M., Wien 1964

Ludwig Hilberseimer, Entfaltung einer Planungsidee. Berlin (West), Frankfurt a. M., Wien 1963

Pommer, Richard/David Spaeth/Kevin Harrington, In the Shadow of Mies. Ludwig Hilberseimer. Architect, Educator, and Urban Planner. Chicago 1988

Robert Fishman, Urban Utopias in the Twentieth Century. Ebenezer Howard, Frank Lloyd Wright and Le Corbusier. New York 1977

Alexander Fils, Brasilia. Moderne Architektur in Brasilien. Düsseldorf 1988

 

   

Di. 05.02.

Das Ende der Utopie in der Postmoderne? Schlussdiskussion
  Heinrich Klotz, Moderne und Postmoderne. Architektur der Gegenwart 1960 bis 1980, Braunschweig / Wiesbaden 1984
   

Di. 12.02.

(Vorstellung Diplom)

 

Einführende Literatur

Kruft, Hanno-Walter: Städte in Utopia. Die Idealstadt vom 15. bis zum 18. Jahrhundert zwischen Staatsutopie und Wirklichkeit. München 1989

Bruyn, Gerd de: Die Diktatur der Philanthropen. Entwicklung der Stadtplanung aus dem utopischen Denken. Braunschweig, Wiesbaden 1996

 

Literaturliste

 

     

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