Abschlussveranstaltung

Internationale und interdisziplinäre Gastprofessur Frauen- und Genderforschung

Kurzbericht  über den Ablauf des Auswahlverfahrens, Veranstaltungen, Impulse und ergänzende Initiativen der TU Kaiserslautern 

Jun.prof. Dr. Annette Spellerberg


 

 

 

 


 

Ablauf des Auswahlverfahrens
Die Frauenbeauftragten aus verschiedenen Fachbereichen und Frau Dr. Niemeyr vom Frauenbüro haben nach intensiver Diskussion beschlossen, einen Antrag für eine fächerübergreifende Gastprofessur mit dem Arbeitstitel „Gender in Didaktik und Wissenschaft“ zu stellen. Die Frauenbeauftragte des Fachbereichs ARUBI hat die Federführung übernommen (Frau Dr. Spellerberg, Juniorprofessorin Stadtsoziologie). Die Frauenbeauftragten kamen übereinstimmend zu der Einschätzung, dass jeder Fachbereich von einer Gastprofessorin zum Thema Frauen- und Genderforschung profitieren würde, so dass die Möglichkeit einer fachgebundenen Gastprofessur nicht in Betracht gezogen wurde. Stattdessen wurde das Konzept eines übergreifenden Themas vertreten, das die Aspekte Gender und a) Didaktik (auch Hochschullehre und projektorientiertes Lernen), b) Hochschule und c) Wissenschaft (mit der Betonung auf technische und naturwissenschaftliche Fächer) umfasst. Damit sollte die Veranstaltung sowohl für die einzelnen Fächer als auch für Lehramtsstudierende interessant sein.

Die folgenden Fachbereiche hatten sich zu einer Beteiligung entschlossen: ARUBI, Biologie, Chemie, Informatik sowie die Lehrgebiete Psychologie, Politik und Philosophie. Die Beteiligung an der Gastprofessur verpflichtete zur Ausgabe von Scheinen für die Teilnahme von Studierenden an den Veranstaltungsangeboten der Gastprofessorin.

Als geeignete Personen kamen damit Professorinnen aus dem Bereich der Hochschul-, Koedukationsforschung oder der Didaktik in Betracht. Grundlage für die Auswahl herausragender Professorinnen waren die in der Datenbank des CEWS (Center of Excellence Women and Science) Forschungsschwerpunkte, veröffentlichten Lebensläufe und Publikationslisten, Recherche in der RLP Dokumentationsstelle Geschlechterforschung und individuelle Netzwerke. Auf dieser Basis wurde eine Rangliste herausragender Professorinnen erstellt.

Die an Nr. 1 gesetzte Professorin Dr.-Ing. Aylâ Neusel wurde von der Hochschulleitung der Technischen Universität eingeladen. Sie hat nach einem ausführlichen Gespräch mit den Frauenbeauftragten und Frau Dr. Niemeyer diese Einladung akzeptiert und die internationale und interdisziplinäre Gastprofessur Frauen- und Genderforschung übernommen.

Prof. Neusel ist Präsidentin der Internationalen Frauenuniversität "Technik und Kultur" und Professorin i.R. für Hochschulforschung, Univ. Kassel, dort war sie Vizepräsidentin von 1986-1990. Für ihre Hochschulreformaktivitäten erhielt Sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Wir freuen uns sehr, eine so hochkarätige Professorin für diese Aufgabe gewonnen zu haben.
 

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Vortragsreihe und Seminar
Prof. Neusel hat ein Seminar mit einer universitätsweiten Vortragsreihe mit dem Ziel durchgeführt, die aktuelle Diskussion um Hochschulreformen und Bildungsstandards um geschlechtersensible und interdisziplinäre Erkenntnisse zu bereichern. In diesem Rahmen konnten vier weitere international bekannte Expertinnen an die TU geholt werden:

 Prof. Dr.-Ing. Aylâ Neusel: Impulse für die Hochschulreform. Ergebnisse der Internationalen Frauenuniversität "Technik und Kultur" Termin: 10.11. 03, 19:30 Uhr

Prof. Dr. Ing.-hab. Dr. phil. Sabine Kunst (Bauingenieurin und Politikwissenschaftlerin, Universität Hannover): Gibt es Genderperspektiven in der Wasserbewirtschaftung? Termin: 27.11. 03, 18:00 Uhr

Prof. Dr. phil. Jutta Allmendinger (Lehrstuhl für Soziologie in München, zur Zeit Direktorin des IAB in Nürnberg): Fördern und fordern: Was bringen Gleichstellungsmaßnahmen in Forschungseinrichtungen? Empirische Ergebnisse. Termin: 18.12. 03, 18:00 Uhr

Prof. Dr.-Ing. Heidi Schelhowe (Informatik und Didaktik, Universität Bremen): Soziale Innovation und technische Neugier. Zum Zusammenhang von technologischer Bildung und der Zukunft der Informationsgesellschaft. Termin: 15.01.. 04, 18:00 Uhr

Dr. Kerstin Palm (Biologin, Gender studies, Humboldt-Universität Berlin): Natur - Labor - Gesellschaft. Zur Mensch - Natur - Beziehung der experimentellen Naturwissenschaften. Termin: 05.02. 04, 18:00 Uhr

 Das scheinpflichtige Seminar fand an dem jeweils folgenden Freitag von 9:00 - 12:00 statt. Ein Schein wurde vergeben für die Teilnahme an den Veranstaltungen und das Verfassen einer Arbeit zu einem fachspezifischen Thema.
 

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Impulse
Prof. Neusel und Prof. Allmendinger (Direktorin des IAB Nürnberg) zeigten auf, dass die Situation von Frauen im akademischen Bereich in vielen Ländern der Welt günstiger als in Deutschland ist, z.B. in Süd- oder Osteuropa und den USA. Während in Deutschland nur 8% der C-4 Professuren Frauen sind, sind es in den USA 22%, und auch in der Türkei sind es 22%. Eine Erhöhung des Professorinnenanteils ist daher eine zentrale Forderung der Expertinnen. Der Verlust von hoch qualifizierten, hoch motivierten und selbstbewussten Frauen auf dem Weg vom Studium über die Promotion und Habilitation zur Professur wird dort besonders deutlich, wo viele Frauen studieren (Humanmedizin: 53,1 % Studienanfängerinnen und 6,2% Professorinnen (C2-C4); Ingenieurwesen: 20,5 % im Vergleich zu 4,8%).

Die Bauingenieurin Prof. Kunst, die Informatikerin Prof. Schelhowe und die Biologin Dr. Palm betonten, dass die Identifikation von Frauen mit dem Studium und der Hochschule erhöht werden kann: durch erfolgreiche Vorbilder, durch den gleichwertigen Einbezug ihrer Lebenswirklichkeit in die Lehre, durch verbindlichere Lehr- und Lernformen, z.B. Studierendenverträge, und durch die stärker wissenschaftstheoretische Reflexion naturwissenschaftlicher Experimente.

Übereinstimmung bestand zwischen den Expertinnen darin, dass Frauenförderung bedeutet, Strukturen zu formalisieren: z.B. durch Doktorandenstudiengänge, die die vorherrschenden, personalisierten Verhältnisse ablösen, und anonymisierte Begutachtungsverfahren. Datenbanken über Wissenschaftlerinnen können genutzt werden, um bei Stellenbesetzungen Frauen aktiv anzusprechen. Dabei geht es auch um die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit in der internationalen Konkurrenz. Um einen nachhaltigen Effekt der Gastprofessur zu sichern, wird empfohlen, eine erweiterte, geschlechtersensible Perspektive in den einzelnen Fächern einzuführen, beizubehalten und fortzuführen.
 

Weitere Aktivitäten
Zur Ergänzung der Gastprofessur wurden weitere Veranstaltungen angeboten. So behandelte der FB Chemie das Thema "chancengerechter Chemieunterricht" (Dr. Köhler, FU Berlin, A. Heydt und Dr. Hornung). In der Architektur hat Prof. Seitz einen Stegreif zum Thema Adam und Eva. Männer entwerfen Damenzimmer, Frauen entwerfen Herrenzimmer ausgegeben. 80 Studierende waren beteiligt. Die interessanten Ergebnisse werden zu Beginn des Sommersemesters 04 auf dem Campus ausgestellt. Jun.prof. Dr. Annette Spellerberg hat in der Raum- und Umweltplanung ein Seminar zum Thema Gender in der Raumsoziologie und Raumplanung angeboten.

 
Dank
Anfang März wurde die Hochschulforscherin und Gastprofessorin für Frauen- und Genderforschung, Prof. Dr.-Ing. Aylâ Neusel, bei einem Empfang mit dem Präsidenten verabschiedet. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich bei Prof. Neusel und den vier weiteren Expertinnen für das fachliche Engagement, die zukunftsweisenden Impulse, die Gesprächsbereitschaft, Aufmerksamkeit und die Freundlichkeit bedanken, die während der Aufenthalte herrschte. Ihre Erfahrungen, Kenntnisse und Reformansätze waren für die TU Kaiserslautern ein großer Gewinn.

Jun.prof. Dr. Annette Spellerberg, FB ARUBI, Lehrgebiet Stadtsoziologie

Organisation der Gastprofessur

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