Joseph Kesselring: "Arsen und Spitzenhäubchen"

Artikel der Rheinpfalz zur Premiere am 21.6.2000



Mord aus Nächstenliebe

Uni-Theatergruppe mit "Arsen und Spitzenhäubchen" im Audimax

Theaterleute sind ja angeblich ziemlich abergläubisch. Die Uni-Theatergruppe allerdings ließ sich von vermeintlich bösen Omen nicht abschrecken: Exakt 13 Rollen waren für ihre aktuelle Inszenierung von "Arsen und Spitzenhäubchen" zu besetzen, zwölf Schauspieler (einer in einer Doppelrolle) und Ensemble-Leiter Ingo Münch konnten zum Schluss den verdienten und langen Beifall entgegen nehmen. Und 13 Leichen liegen zuletzt (im Stück) im Keller des unheimlichen Hauses derer von Brewster.
 

Eigentlich ist das ja nicht besonders witzig. Tatsächlich konzipierte Joseph Kesselring sein 1939 entstandenes Werk als bitterernste Allegorie auf die vielerorts auf Gleichgültigkeit stoßenden Gräuel des beginnenden Zweiten Weltkriegs. Erst als sich bei der ersten Inszenierung allerlei Probleme einstellten, arbeiteten Autor und Produzenten das Werk zur (immerhin noch Schwarzen) Komödie um. In dieser Fassung gehört "Arsen und Spitzenhäubchen" zu den bekanntesten und erfolgreichsten Bühnenwerken der neueren US- Literatur. Seit November 2000 hat sich die Uni-Truppe mit dem umfänglichen und durch seine zahlreichen inhaltlichen Bezüge zur Entstehungszeit auch nicht ganz leichten Stoff beschäftigt. Die Mühen haben sich, wie man am Donnerstagabend sehen konnte, gelohnt - die 13 hat den jungen Laien-Schauspielern im gut besuchten Audimax Glück gebracht.
Die Geschichte an sich ist eigentlich schnell erzählt. Da gibt es zwei ebenso wohlhabende wie reizende alte Damen, Abby und Martha Brewster, die in ihrem großen New Yorker Haus geräumige Zimmer an alleinstehende Männer vermieten, diese alsbald per vergifteten Holunderwein reihenweise ins Jenseits befördern und die Leichen dann regelmäßig im Keller verschwinden lassen. Gewissensbisse? Nicht doch. Die beiden harmlos wirkenden Damen (überzeugend, wenn auch stellenweise ein bisschen zu jugendlich-flott dargestellt von Ingrid Greff als Abby und Daniela Post als Martha) sehen ihr Tun als Akt tätiger Nächstenliebe an. Schließlich hilft man den armen Männern aus ihrer lähmenden Einsamkeit heraus. Dann gibt es da noch Mortimer, den Neffen der Beiden, hauptberuflich leicht genervter Theaterkritiker mit Hang zum "Verreißen", der das üble Tun seiner Tanten zufällig entdeckt. Sven Methner gab der Figur im schicken 40er Jahre Anzug und mit einer präzisen Darstellung selbst in den schwierigeren, emotional expressiven Parts des Stücks griffige Gestalt. Man merkte, dass den Darstellern ihr Spiel durchweg Spaß machte, und das übertrug sich, obwohl das Stück sicher kein "Brüller" für Comedy-verwöhntes Publikum ist, auch spürbar aufs Publikum. Viel Aufmerksamkeit hat Regisseur Münch auch auf die Gestaltung und den Einsatz der weniger aktiven Parts und Nebenrollen verwendet.
Kritiker Mortimer geht im Stück nur widerwilig ins Theater und kehrt auch nach dem ersten Teil nach Hause zurück. Mortimers realer Kollege und Schreiber dieser Zeilen spürte keinerlei Widerwillen, ganz im Gegenteil. Die Darbietung machte trotz der Länge - drei Stunden - schlichtweg Spaß.

INFO:
Vorstellungen noch 26. und 28. Juni im Audimax, 20 Uhr.

Von unserem Mitarbeiter: Andreas Keller

RON - RHEINPFALZ ONLINE, Samstag, 23. Jun , 03:45 Uhr

 

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