Ehemalige Kammgarnspinnerei
(heute Kulturzentrum Kammgarn und Fachbereichsgebäude der Fachhochschule Kaiserslautern)

um 1860, um 1883, 1905–1912, 1936/1937, 1950, 1986–1990
Lauterstraße, Mühlstraße, Schoenstraße, Forellenstraße
Architekten: Carl Arnold Séquin, Philipp Jakob Manz u. a.

 

Lageplan (Ausrichtung: Norden ist unten). Aus: Einhundert Jahre Kammgarnspinnerei Kaiserslautern. 1857–1957. Darmstadt o. J. [1957]

Lageplan (Ausrichtung: Norden ist unten)
Aus: Einhundert Jahre Kammgarnspinnerei Kaiserslautern.
1857–1957. Darmstadt o. J. [1957]

 

Verwaltungsgebäude (1936/1937) . Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

Verwaltungsgebäude (1936/1937)
Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

 

Kraftwerk (um 1860). Von links: Altes und Neues Kesselhaus, Werkstatt. Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

Kraftwerk (um 1860)
Von links: Altes und Neues Kesselhaus, Werkstatt.
Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

 

Lagerhalle

Lagerhalle
Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

 

Lagerhalle

Lagerhalle
Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

1857 wurde die Kammgarnspinnerei westlich der Stadt Kaiserslautern gegründet. Nur eines der heute existierenden Gebäude und eine Fassade stammen aus dieser Zeit. Die durch einen Brand zerstörten Produktionshallen A und B sowie das Verwaltungsgebäude wurden 1936/1937 durch Bauten nach Entwürfen von Philipp Jakob Manz ersetzt. Nur bei einigen der übrigen heute noch existierenden Gebäude sind die Namen der Architekten bekannt. Der gesamte Nordriegel und der ehemalige Westbahnhof stehen seit 1989 unter Denkmalschutz.

Im Nordwesten des Geländes befinden sich das ehemalige Kraftwerk (Altes und Neues Kesselhaus und Turbinenhalle) und die Werkstätten (heute Kulturzentrum). Im Osten schließen sich die Produktionshallen A und B sowie die Verwaltungsbauten an (heute Fachhochschule Kaiserslautern). Der südliche Block besteht aus Vorspinnerei, Lager und Wollmagazin (heute Lagerhallen, Volkshochschule und Künstlerateliers).

Das eingeschossige Alte Kesselhaus mit seinem Treppengiebel wurde um 1860 erbaut. Die hohen Rundbogenfenster auf der Südseite ähneln denen des Werkstattgebäudes. Die eineinhalb Geschoss hohe, flach gedeckte Schlosserwerkstatt wurde ebenfalls um 1860 erbaut. Der Sandsteinbau besitzt eine aufwendig gegliederte Fassade im Stil der Neorenaissance. Hohe Rundbogenfenster mit bossierter Rahmung und darüber liegenden Okuli mit Umrahmung aus glatten Quadern ähneln der Erdgeschossfassade der Fruchthalle. Die Anbauten im Westen, mit einem flachen Dreiecksgiebel zur Betonung der Eingangsseite, und im Norden besitzen eine ähnliche Fassadengestaltung.

Die – insgesamt sechs – jüngsten Gebäude wurden von Philipp Jakob Manz in den Jahren 1936/1937 gebaut. Bei dem Neuen Kesselhaus handelt es sich um einen unterkellerten Eisenklinkerbau (Kreuzverband) in Stahlbetonkonstruktion im Geist der sogenannten Neuen Sachlichkeit. Der Bau ist, bedingt durch die technische Ausstattung, kubisch gestaffelt. Die Turbinenhalle ist ein schlichter, flacher Eisenklinkerbau mit Satteldach. Hervorzuheben ist der originale Zustand des Innenraums. Bei der Produktionshalle B handelt es sich um eine Sheddachkonstruktion auf genietetem Stahlskelett mit Stahlstützen. Besonders sind die doppelte Verglasung der Sheds und der dadurch entstehende Hohlraum. Für die Fachhochschule wurde die Halle zwischen 1986 und 1990 um acht Meter gekürzt und so ein Freiraum zur Halle A geschaffen. Außerdem wurde der Innenraum in kleine Einheiten unterteilt und die Fassade aus blau lackierten Stahlträgern mit Wellblech verkleidet. Bei der Produktionshalle A handelt es sich um drei mit Satteldach gedeckte Schiffe aus Stahlbeton mit Verglasung im Firstbereich. Auffällig ist die Form der Stahlbetonrippen, die das Dach tragen.

Zunächst entstand der zweigeschossige an die Produktionshalle A grenzende Nord-Süd-Riegel des Verwaltungsgebäudes mit dem Turm im Süden, das drei schmale hohe Fenster an jeder Seite der Ecke aufweist, und die Brücke zum Wollmagazin. Letztere markieren den Eingang. 1950 wurde das Gebäude im Norden im Manzschen Stil erweitert; einzig die hochformatigen Fenster im Erdgeschoss lassen das spätere Baudatum erahnen. Rechteckige Schwingfenster betonen die Horizontale. Interessant sind die Betondecken mit einem Schachbrettmuster aus feinen Rillen und die Türgriffe. Das kleine eingeschossige Pförtner- und Feuerwehrhaus erhält durch die schmalen Fensterbänder und das überstehende Dach seinen ganz eigenen Charakter.

Der Westbahnhof kann keinem Architekten zugeordnet werden. Er ermöglichte von 1883 an den Anschluss an die Ludwigsbahn. Original sind ist nur noch eine dem Gebäude vorgestellte Achse der Stahlkonstruktion mit schlanken Säulen. Von der Lagerhalle mit gelb verputzter Fassade mit einem Sockel aus rotem Sandstein ist heute nur noch die Fassade übrig. Vermutlich wurde das Gebäude um 1890 von Carl Arnold Séquin erbaut. Große Fenster mit einem leichten Stich in der Mitte werden von Sandsteinblöcken umrandet. Darüber gibt es einen schmalen Sims, der in eine fensterlose Zone überleitet.

Alexandra Tenbusch

 

Literatur

Einhundert Jahre Kammgarnspinnerei Kaiserslautern. 1857–1957. Text: Kraft Sachisthal. Darmstadt o. J. [1957]

Kerstin Renz: Industriearchitektur im frühen 20. Jahrhundert. Das Büro von Philipp Jakob Manz. München 2005

   
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