Rathaus

 

Willy-Brandt-Platz 1
1963–1968
Architekt Roland Ostertag

 

 

Ansicht, Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

 

Ansicht
Foto: Sabrina Dohle, Lehrgebiet gta, TU Kaiserslautern (2006)

 

 

 

 

 

Das Rathaus wurde auf dem sogenannten Schlosshügel, an der Burgstraße nordöstlich des Stadtzentrums errichtet. Noch heute sind hier Mauerzüge zu sehen, die in der Zeit Kaiser Friedrich II. um 1225 errichtet wurden. Es handelt sich um zusätzliche Ummantelungsmauern der Kapelle der Kaiserpfalz Friedrich Barbarossas aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Auf den Ruinen ließ Pfalzgraf Johann Casimir in den Jahren 1570/80 ein Schloss erbauen. Durch einen Brand im Jahr 1794 verlor Kaiserslautern das Schloss und damit seine städtebauliche Dominante. 1937 wurde auf den Überresten des Casimirschlosses der sogenannte Pfalzgrafenbau zu repräsentativen Zwecken gebaut. Der Aussicht auf die Erhebung Kaiserslauterns zur Gauhauptstadt der Pfalz folgten städtebauliche Planungen, die an dieser Stelle die Errichtung einer monumentalen „Gauburg“ vorsahen. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden solche Pläne zugunsten Saarbrückens aufgegeben.
1959 wurde ein Wettbewerb für den Bau eines Rathauses ausgelobt, nachdem die Verwaltungsaufgaben auf nunmehr 19 verschiedene Dienststellen innerhalb des Stadtgebiets verteilt waren. Das von der Stadt 1809 erworbene Stadthaus in der Steinstraße konnte aus Platzmangel nur noch repräsentative Zwecke erfüllen. Aus dem Wettbewerb ging der ausgeführte Entwurf, eine Kombination aus Hochhaus und Flachbauten, als zweiter Platz hervor.
Das Rathaus kann von mehreren Seiten entsprechend der topographischen Gegebenheiten auf verschiedenen Höhen erschlossen werden. Die Raumnutzung mit Öffentlichkeitsbezug ist im Wesentlichen im zwei- bis viergeschossigen, flachen Teil des Gebäudes untergebracht. Die Verwaltung ist vertikal über zwanzig Stockwerke hierarchisch gegliedert. Die Ämter sind in Einzelbüros um einen tragenden Erschließungskern aus Ortbeton organisiert. Auf Höhe des dritten Obergeschosses wird die streng gerasterte Fassade des Turms von einem Sammelträger auf Stützen abgefangen. So werden durch einrücken Sockelgeschosse ausgebildet, die den Turm formal vom Unterbau abheben.
Das Kaiserslauterer Rathaus, bis heute weithin sichtbare, alle anderen Bauten der Stadt überragende Dominante, gehört zu den ersten der für seine Entstehungszeit typischen Rathausneubauten in der Bundesrepublik Deutschland. Mit einem ähnlichen Entwurf gewann Roland Ostertag 1961 den Wettbewerb zum gleichen Thema in Mannheim. Auch hier handelt es sich um eine Kombination aus Hochhaus und Flachbauten mit Ablesbarkeit der Nutzung und funktionaler Anordnung der Raumgruppen. Die Höhenstaffelung aber ist künstlich, durch Aufständerung erzeugt.

Carlos Arnous, Christian Niebling

 

Literatur

Adolf Arndt/Rudolf Hillebrecht: Kaiserslautern 1961. Bauwettbewerb für ein Rathaus und für die Gestaltung des Stadtzentrums. In: Karl Kraemer (Hrsg.): Architektur Wettbewerbe. Schriftreihe für richtungweisendes Bauen. Bd. 33. Stuttgart 1961, S. 82– 96

Heinz Friedel: Pläne zur Schaffung einer Dominante in Kaiserslautern. In: Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Verbindung mit dem historischen Verein der Pfalz und dem Verein für Naturforschung und Landespflege „Pollichia“ (Hrsg.): Pfälzer Heimat. Speyer 1994, S. 82–85

Das Rathaus – Wahrzeichen der Stadt Kaiserslautern. Kaiserslautern o. J. [1968]