12. Forschungskolloquium

Das zwölfte Forschungskolloquium des universitären Potentialbereichs Region und Stadt fand am Mittwoch, den 08. Juni 2022, zum Leitthema „Regenwassermanagement und Hochwasserschutz im Siedlungsgefüge II“ statt. Das Forschungskolloquium fand wiederholt über Zoom statt.

Plakat zum Kolloquium


Zunächst präsentierten Hellen Hammoudi und Martin Fabisch (Fachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft), das Forschungsprojekt „KAHR – Klima-Anpassung, Hochwasser und Resilienz“, welches eine Projektlaufzeit von November 2021 bis Dezember 2024 hat und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Die Projektbearbeitung erfolgt dabei in Kooperation mit zwölf weiteren nationalen Partnern, wobei das Verbundprojekt ein Fördervolumen von 5,2 Mio. Euro hat.

Das BMBF-Verbundprojekt beschäftigt sich mit der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vom Juli 2021, bei dem ein Starkniederschlag von bis zu 150 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden gemessen werden konnte und ein großer Schaden entstand. In diesem Zusammenhang hat die wissenschaftliche Begleitung des Wiederaufbauprozesses nach der Flutkatastrophe die Ziele, die betroffenen Gebiete zukünftig resilienter zu gestalten, mögliche Hochwasserfolgen zu reduzieren sowie eine schnelle und wirksame Bewältigung des Hochwassers zu ermöglichen. Das übergeordnete Ziel ist dabei Impulse für Resilienz und Klimaanpassung zu erarbeiten. Während der Umsetzung des Projektes wird auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis gesetzt, sodass Methoden, Verfahren und Instrumente weiterentwickelt und mit Strategien des Wiederaufbaus verknüpft werden können.  Bezirksregierungen, Ministerien, Landkreise, Kommunen und Akteuren vor Ort soll so eine wissenschaftliche Unterstützung ermöglicht werden.

Im Fokus der Präsentation stand die Optimierung des operativen Hochwasserschutzes, der die Schnittstelle zwischen Katastrophenschutz und Wasserwirtschaft bildet, sodass zukünftig Hochwasserereignisse besser bewältigt werden können. Als zentrale Bestandteile des operativen Hochwasserschutzes wurden dabei kurz die Vorsorge, die Bewältigung und die Nachsorge skizziert. Diesbezüglich wurde die Notwendigkeit eines zentralen und modernen Systems zum Management sowie zur Visualisierung von Daten hervorgehoben. Dabei wäre eine Lösung mit einem flächendeckenden Hochwassermanagementsystem bzw. untereinander kompatible Systeme, das/ die übergreifend von verschiedenen (öffentlichen) Institutionen und Behörden benutzt werden kann/ können, erstrebenswert. Ein solches an der RPTU entwickeltes Systems wurde während der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt. Hauptbestandteil jenes Systems war die Digitale Lagekarte RLP, welche verschiedene Themenkarten (u.a. Lagekarte, Schadensübersicht, Gesundheit) enthielt, die zielgruppenorientierte Darstellungen zuließ. Da ein solches System vor der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz nicht existierte und währenddessen entwickelt wurde, wird nun eine Weiterentwicklung und Optimierung angestrebt. Diese Weiterentwicklung soll dann unter anderem auch die Möglichkeit bieten Echtzeitdaten (beispielsweise aus Drohnenbefliegungen) in das System zu integrieren.

In der anschließenden Diskussion thematisierten die anwesenden WissenschaftlerInnen den Zeitfaktor sowie die Wichtigkeit von Echtzeitdaten bei Katastrophen, um zügig Hilfe leisten zu können und einen Lageüberblick zu erhalten. In diesem Zusammenhang wurden die Vor- und Nachteile der Informationsermittlung durch Drohnen sowie durch vor Ort Akteuren diskutiert, wobei die besondere Bedeutung digitaler Daten hervorgehoben wurde, da diese u.a. Positionsdaten enthalten können. Weiterhin wurde kurz die Bedeutung der Raumplanung im Hochwasserschutz sowie die Übertragbarkeit der Ergebnisse des Verbundvorhabens auf andere Regionen besprochen.


Daraufhin präsentierten Benjamin Blaser und Jonas Pauly (Fachgebiet Internationale Planungssysteme) die Forschungs- und Lehrmethode „Planspiele als Methode zur Erforschung grenzüberschreitender Zusammenarbeit und Planungskulturen in der Raumplanung“.

Zunächst wurde ein kurzer Überblick über Planspiele im Allgemeinen gegeben. Dabei wurde festgehalten, dass Planspiele eine reale Situation abstrahiert simulieren und Parallelen zur Realität haben können. Weiterhin sollte diese reale Situation vereinfacht und offen gestaltet sein und nach einer Lösung verlangen. Die Teilnehmenden von Planspielen sollen dabei die Möglichkeit haben, Rollen realer Akteure zu übernehmen. Somit sind die zentralen Aspekte eines Planspiels die Interkation zwischen den Teilnehmenden sowie die darin verfolgten Lösungsfindungswege. Ziele eines Planspiels sind die Beobachtung der Strategien der Akteure, das Testen von Aktionsmöglichkeiten sowie die Förderung des gegenseitigen Lernens. Fortführend wurde mit dem Begriff der Planungskulturen der theoretisch-konzeptionelle Rahmen erläutert. Planungskulturen umfassen demnach die Methoden und Instrumente der Planenden, deren beruflichen Werthaltungen und die gesellschaftlichen Haltungen zu Themen der Planung. Planungskulturen können sowohl anhand territorialer Einheiten abgegrenzt werden, als auch anhand spezifischer Planungsherausforderungen. Im Kontext der vorgestellten Projekte sind dies die besonderen Herausforderungen der Raumentwicklung im grenzüberschreitenden Kontext. Daraufhin wurde die Arbeitsgruppe (AG) Raumplanung des Center for Border Studies der Universität der Großregion beispielhaft vorgestellt, bei der Planspiele fester Bestandteil der Erforschung von Planungskulturen sind. Das Center for Border Studies setzt sich dabei aus Forschenden der Universität der Großregion zusammen, die durch das von dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten INTERREG-VA-Projekts unterstützt werden. Die übergeordneten Ziele der AG Raumplanung sind der wissenschaftliche Austausch über Planungssysteme und -kulturen in Grenzgebieten, die Förderung des Dialogs zwischen Planungspraktikern und Forschenden, die Vermittlung von interkulturellen Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung von Raumplanern sowie die Erforschung grenzüberschreitender Raumplanung, Planungskulturen und der Raumentwicklung in der Großregion. Um diese Ziele zu erreichen, werden u.a. seit dem Jahr 2017 wiederkehrend Planspiele unter Beteiligung von Studierenden, Planungspraktikern und Politikern durchgeführt. An dem letzten Planspiel im Frühjahr 2022 beteiligten sich Akteure aus Frankreich (Grand Est), Luxemburg, Belgien (Wallonie) und Deutschland (Saarland und Rheinland-Pfalz). Das aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen zum ersten Mal online stattfindende und simultan übersetzte Planspiel folgte einem zuvor abgestimmten Ablauf und simulierte eine Planungssituation, in der fünf Regionen fiktiv mit ihren Verwaltungsgrenzen aufeinandertreffen und den Umgang mit Planungsbestand lösen sollten. Erste daraus gewonnene Erkenntnisse waren u.a., dass unterschiedliche Herangehensweisen aufgrund planungskultureller Prägungen beobachtet werden konnten und Schwierigkeiten in Bezug auf Begriffsverständnisse in den verschiedenen Sprachen aufgetreten sind.

In der anschließenden Diskussion thematisierten die anwesenden WissenschaftlerInnen allgemeine Erkenntnisse sowie geäußertes Feedback der Akteure aus vergangenen Planspielen – welches überwiegend positiv ausfiel. Weiterhin wurde die Methode der Planspiele für Forschung und Lehre diskutiert und auf die jeweils unterschiedliche Herangehensweise und Zielerreichung eingegangen.