Die Sommerproduktion der Uni-
Theater-AG ist eigentlich eine alte Klamotte.
Camolettis Stück „Boeing Boeing“
stammt immerhin aus den
60ern, verbleibt stets harmlos und
rein unterhaltend. Auch der Humor,
welcher der ehemaligen Hollywood-
Produktion innewohnt, erscheint auf
den ersten Blick ein wenig altbacken,
und die das Stück tragenden Frauenund
Männerbilder sind längst aufgelöst
und im Nichts verschwunden.
Was die Produktion allerdings rettet
und sehenswert macht, sind erstens
die sehr guten schauspielerischen Leistungen
der Truppe, zweitens die griffige
und dichte Inszenierung und drittens
die schlussendliche Erkenntnis,
die Novalis einst mit „... nicht Zahlen
und Figuren sind der Schlüssel aller
Kreatur...“ auf den Punkt brachte.
|
Das ist es nämlich, was dem Lebemann
und „Coitus tremens“-Erkrankten
alias Christian Schröder letztlich
das Kreuz bricht. Mit rechnerischen
Mitteln versucht er seine drei Liebschaften,
die allesamt Stewardessen
sind, unter einen Hut zu bringen. Allerdings
kommen die Flugpläne und
damit die Ankunfts- und Abflugzeiten
seiner Mädels durch die Entwicklung
eines neuen, schnelleren Flugzeugs,
des Clippers „Super-Caravelle“, völlig
durcheinander. Und schon zu Beginn
wird klar, dass der Playboy dadurch in
recht üble Schwulitäten geraten wird
und dass sich seine drei Bräute irgendwann
bei ihm begegnen müssen.
Zuvor aber gibt es viel zu lachen.
Denn da ist zum einen die von Daniela
Post brillant gespielte Perle des Haushalts,
die allen drei Damen zu Diensten
sein muss und ihre schwierige Aufgabe
mit trockenem Humor und einem
guten Quantum Zynismus meistert.
Zum anderen ist es Alex Mayer,
der den Freund aus der französischen
Provinz und zwangsweisen Beobachter
aller Verstrickungen mit jeder Menge
Bühnenpräsenz und ebenso viel
Spielfreude gibt. So entwickeln sich
zwischen Lebemann und Bürger Dialoge,
die im bigotten und prüden Amerika
der 60er sicher fast revolutionär waren:
„Sei polygam! Nimm dir mehrere!
Die Frauen sind wie gut funktionierende
Maschinen! Perpetuum mobile der
Liebe!“ Und als Gegenpart nüchtern
erkannt: „Eine Frau macht doch schon-
Schwierigkeiten genug!“
Die drei Stewardessen aus Frankreich,
der Schweiz und Amerika geben
Parya Memar, Stephanie Schulze-
Wenck und Hannah Markwig. Auch
diese Rollen sind gut besetzt und ausdrucksstark
gespielt. Jede der Drei will
irgendwann geheiratet sein und ahnt
nicht, dass sie nur Teil eines scheinbar
ausgeklügelten Liebesplanes ist. Doch
die Spannung steigt ständig, zuerst
mit ein, zwei Stunden Flugplan-Verschiebung
und zuletzt mit verschiedenen
Frauen in verschiedenen Zimmern
des bühnenbildnerisch gut in
die 60er Jahre eingepassten Appartements,
die vorerst nichts voneinander
ahnen und immer gerade rechtzeitig
auftreten und abgehen. Aber natürlich
erst vorerst!
Die Uni-Theatergruppe hat wirklich
alles aus dem Stück herausgeholt, was
drin ist. So kann man sich entspannt
zurücklehnen und gut unterhalten lassen.
Übersieht man die letzten vier
Jahrzehnte gesellschaftlicher Entwicklung
und ist man kein krampfhaft bewegter
Mann und keine Gewalt-Emanze,
dann geht man auch gründlich erheitert
nach Hause.
Von unserem Mitarbeiter: Andreas Fillibeck |