Dezember 2014: ERMA im UniSpectrum

Innovativ, interdisziplinär und praxisnah … der Nachhaltigkeit ein Stückchen näher! 

Verbundforschungsprojekt »ERMA - Energie- und ressourceneffiziente mobile Arbeitsmaschinen« an der RPTU erfolgreich abgeschlossen. 

Warum ständig das Falsche optimieren, anstatt gleich das Richtige zu tun? Wie die Produkte von morgen zu den Rohstoffen von übermorgen werden können beschreibt Michael Braungart spannend und anschaulich in seinem Werk »cradle to cradle«. Braungarts einfaches Credo lautet dabei, die Intelligenz endlich an den Anfang der Produktentwicklung zu stellen. Es geht auch darum, die gesamte Lebensdauer eines Produktes zu gestalten. Demnach gehört die Entsorgung zur Entwicklungs- und Design-Aufgabe. Die Tatsache, dass ein Material recycelt wird, macht es nicht automatisch umweltfreundlich, vor allem dann nicht, wenn das Recycling bei der Herstellung nicht ausdrücklich mit eingeplant wird. Eine wichtige Voraussetzung ist die Kenntnis über alle Inhaltstoffe der Produkte, zugrunde liegende technische Prozesse und das intelligente Vordenken zukunftsfähiger Produktsysteme über ihren gesamten Lebensweg.

Diese Herausforderungen waren im Jahr 2011 der Initialfunke für das Verbundforschungsprojekt ERMA der Forschergruppe Produktentwicklung am Zentrum für Nutzfahrzeugtechnologie (ZNT) der RPTU. Vier Lehrstühle des Fachbereichs Maschinenbau und Verfahrenstechnik arbeiteten seither zusammen, um am Beispiel eines Mobilbaggers der Firma Volvo Construction Equipment (Standort: Konz, Rheinland-Pfalz) neue Konzepte und Methoden zur Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz zu entwickeln. Gefördert wurde das Forschungsprojekt durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation (UniSpectrum 2/2011)

Das Ziel des Verbundprojektes war die Entwicklung innovativer Konzepte und Technologien für zukünftige mobile Arbeitsmaschinen. Dabei zählte jedoch nicht die große Idee des Einzelnen, sondern praxisorientiertes, akribisches Arbeiten nach wissenschaftlichen Methoden an zahlreichen Details, wie in den Bereichen Antrieb, Energiemanagement, Reibung und die ganzheitliche Betrachtung durch ein Life Cycle Management. Neben der Optimierung mechanisch-hydraulischer Komponenten wurden neue, hocheffiziente mechatronische Konzepte entwickelt. Dabei wurde die Gesamtenergieeffizienz der Neuentwicklungen im Rahmen einer prospektiven Analyse untersucht. Das bedeutet, dass beispielsweise nicht nur die Einsparung von Energie und Ressourcen beginnend bei der Rohstofferzeugung, über die Produktion bis zur Entsorgung analysiert wurden, sondern auch das kraftstoffintensive Arbeiten in spezifischen Betriebsszenarien, sowie die Wahl des Energieträgers selbst. Die Bewertung liefert Ergebnisse auf Basis eines intellektuellen Produktes, also dem digitalen Modell in der frühen Entwicklungsphase. Am Ende des Projekts stehen nun praxisnahe, nach ihrer Leistungsfähigkeit beurteilte Konzepte und Methoden, die bei der Optimierung eines zukunftsfähigen Produktsystems Verwendung finden können. Zum Erreichen der gesteckten Ziele waren ein umfangreiches Arbeitsprogramm und unterschiedliches Entwicklungs- Know-how notwendig, welches nicht durch einen Lehrstuhl allein bereitgestellt werden konnte.
„Der Zusammenschluss der beteiligten Lehrstühle bündelt Kompetenzen und schafft Synergien“, berichtet Professor Dr. Christian Schindler, Projektleiter von ERMA und stellvertretender Sprecher des ZNT. Die Unterstützung durch einen erfahrenen Industriepartner war außerdem die ideale Voraussetzung und bildete eine solide Grundlage für den Erfolg eines solch komplexen Projekts. In Versuchen unter realen Bedingungen vor Ort beim Hersteller wurden Energie- und Ressourcenintensität, gerade vor dem Hintergrund der hohen Nutzungsvariabilität des Versuchsträgers, ermittelt. „Dabei sind als typische Betriebsszenarien der mobilen Arbeitsmaschine die Geländebearbeitung, das Leistungsbaggern, Graben und Verladen, die Umsetzung einer Last und der Fahrbetrieb als Einsatzspektrum analysiert und innerhalb des Life Cycle Modells valide abgebildet worden“, ergänzt Dr. Peter Bach , Projektverantwortlicher bei Volvo CE.

Wissenstransfer und Synergien
als wesentlicher Beitrag zur Sicherung von Zukunftsfähigkeit und nachhaltiger Entwicklung

„Die enge Kooperation mit dem weltweit tätigen Hersteller sichert die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis“, fügt Dr. Barbara Jörg, Geschäftsführerin am Commercial Vehicle Cluster Südwest hinzu und verweist auf die exzelltente Arbeit des Forschungskonsortiums in Gremien, Forschung, Lehre und Industrie. „Das Projekt ist repräsentativ für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Clustern und Netzwerken, insbesondere da der Transfer der Forschungsergebnisse in die Lehre und Weiterbildung stattfindet“, so Dr. Jörg weiter. Im Rahmen des Projektes gehen die involvierten Lehrstühle nämlich mit einer innovativen Idee einen neuen Weg und fördern, auch über das Projekt hinaus, die enge Kopplung zwischen Forschung und Lehre. Die Projektpartner bieten an der Universität ein Programm für studentische Arbeiten an. Das mit »ERMA-InnoStud« betitelte Programm stellt dabei ein echtes Alleinstellungsmerkmal dar (UniSpectrum 4/2012). Durch die gezielte Vernetzung von Studierenden und Forschung fördert das Programm „ERMA-InnoStud“ wissenschaftliches Arbeiten von Studierenden und und liefert einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung des Ingenieurstudiums an der RPTU.
Das Verbundforschungsprojekt spiegelt besonders gut die innovative Entwicklungskompetenz der Hochschule im Bereich Nutzfahrzeuge wieder. Dr. Jörg ergänzt hierzu: „Mit dem Projekt wird nicht nur bundesweit die Nutzfahrzeugkompetenz des Standortes Rheinland-Pfalz in Forschung, Entwicklung und Lehre unterstrichen, sondern auch die Fähigkeit der Wissenschaft, gemeinsam mit der Industrie Antworten auf die weltweite Herausforderung der Nachhaltigkeit zu finden.“ Mit dem zwischen 2011 und 2014 bearbeiteten Projekt ERMA stehen die Forscher noch ganz zu Beginn des eingangs von Braungart propagierten Paradigmenwechsels hin zu intelligenteren Produktsystemen. Der Weg ist der Richtige und wird ab Sommer 2014 bis Ende 2016 in dem vom Zentrum für Nutzfahrzeugtechnologie geförderten Verbundprojekt „Ökoeffiziente mobile Arbeitsmaschinen“ weiter erforscht.